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Falsche Erinnerungen von Zeugen

Fachbeitrag im Strafrecht

Falsche Erinnerungen von Zeugen: Wie ein guter Strafverteidiger Mandanten helfen kann

In Strafverfahren können falsche Erinnerungen von Zeugen den Ausgang entscheidend beeinflussen. Gerade deshalb ist es Aufgabe eines erfahrenen Strafverteidigers, die Zuverlässigkeit solcher Aussagen zu hinterfragen und die Interessen seines Mandanten mit Nachdruck zu vertreten. Neben der juristischen Argumentation spielt auch das Wissen um psychologische Mechanismen wie falsche Erinnerungen eine wesentliche Rolle.

Ein kompetenter Strafverteidiger, wie ich, greift in solchen Fällen auf folgende Strategien zurück:

1. Gründliche Analyse der Zeugenaussage

Die Aussage eines Zeugen wird niemals unkritisch hingenommen. Es ist entscheidend, die genauen Umstände der Aussage zu prüfen, etwa:

  • Wie und unter welchen Bedingungen wurde die Aussage gemacht?

  • Gab es Einflussnahmen durch Suggestivfragen oder andere suggestive Techniken?

  • Sind Details in der Aussage widersprüchlich oder ungewöhnlich präzise, was auf eine Konstruktion hinweisen könnte?

Durch eine detaillierte Analyse lassen sich häufig Schwächen in der Aussage aufdecken, die deren Beweiswert mindern können.

2. Das Experiment „Lost in the Mall“

Elizabeth Loftus, eine der weltweit führenden Expertinnen für Gedächtnisforschung, führte in den 1990er Jahren ein Experiment durch, das die Manipulierbarkeit des Gedächtnisses demonstriert. Den Teilnehmern wurde eine Liste von vier Erinnerungen aus ihrer Kindheit vorgelegt. Drei dieser Erinnerungen waren real, eine jedoch erfunden: die vermeintliche Situation, in der sie sich als Kind in einem Einkaufszentrum verirrt hatten.

Erstaunlicherweise erinnerten sich etwa 25 % der Probanden detailliert an diese erfundene Begebenheit. Sie beschrieben, wie sie sich verloren hatten, wer sie gefunden hatte und wie sie sich gefühlt hatten – obwohl diese Situation niemals stattgefunden hatte. Das Experiment bewies, dass das Gedächtnis konstruktiv arbeitet und durch äußere Einflüsse geformt werden kann.

3. Was sind falsche Erinnerungen?

Falsche Erinnerungen entstehen, wenn Menschen an Ereignisse glauben, die nie stattgefunden haben, oder wenn reale Ereignisse falsch erinnert werden. Solche Erinnerungen können durch Suggestion, Befragungstechniken oder soziale Einflüsse hervorgerufen werden. In strafrechtlichen Kontexten können diese Verzerrungen besonders problematisch sein, da sie die Glaubwürdigkeit von Zeugenaussagen erheblich beeinträchtigen.

4. Falsche Erinnerungen im Strafverfahren

Das deutsche Strafrecht misst der Zeugenaussage eine hohe Bedeutung bei. Gemäß § 261 StPO („freie richterliche Beweiswürdigung“) entscheiden Gerichte auf Grundlage der vorliegenden Beweise – wobei Zeugenaussagen oft ausschlaggebend sind. Doch die Forschung zeigt, dass Erinnerungen keineswegs statisch oder objektiv sind.

  1. Einfluss von Suggestivfragen: Ein häufiger Grund für falsche Erinnerungen sind Suggestivfragen. Wenn ein Zeuge etwa gefragt wird: „Hatten Sie gesehen, dass der Täter eine Waffe in der Hand hielt?“, kann dies dazu führen, dass der Zeuge später sicher ist, eine Waffe gesehen zu haben – auch wenn dies nicht der Fall war.
  2. Emotionale Belastung und Stress: Zeugen von Straftaten stehen oft unter erheblichem emotionalem Druck. Studien belegen, dass Stress die Genauigkeit von Erinnerungen beeinträchtigen kann. In solchen Situationen neigt das Gehirn dazu, Lücken in der Erinnerung zu „füllen“, was zu falschen oder verzerrten Aussagen führen kann.

5. Prävention und Umgang mit falschen Erinnerungen

Um falsche Erinnerungen zu vermeiden, sollten Strafverfolgungsbehörden und Gerichte folgende Maßnahmen beachten:

  1. Verzicht auf Suggestivfragen: Ermittler und Anwälte sollten gezielte, offene Fragen stellen, um Beeinflussung zu vermeiden.

  2. Professionelle Befragungstechniken: Die Schulung von Beamten in Methoden wie dem „kognitiven Interview“ kann dazu beitragen, Erinnerungen möglichst unverfälscht abzurufen.

  3. Berücksichtigung wissenschaftlicher Erkenntnisse: Gerichte sollten sich der Erkenntnisse aus der Gedächtnisforschung bewusst sein und diese in die Beweiswürdigung einfließen lassen.

6. Hinzuziehung von Sachverständigen

Bei besonders komplizierten Sachverhalten, etwa wenn es um traumatische oder lang zurückliegende Erinnerungen geht, ist der Einsatz eines Gedächtnispsychologen sinnvoll. Ein Sachverständiger kann in einem Gutachten bewerten:

  • Ob die Erinnerungen des Zeugen mit wissenschaftlichen Erkenntnissen über Gedächtnisbildung übereinstimmen.

  • Ob äußere Faktoren, wie etwa Stress oder Suggestion, die Erinnerung beeinflusst haben könnten.

Solche Gutachten haben in der Praxis schon häufig dazu beigetragen, die Glaubwürdigkeit einer Aussage entscheidend zu relativieren.

7. Geschickte Befragung im Prozess

Eine der wichtigsten Fähigkeiten eines Strafverteidigers ist die gezielte Befragung von Zeugen in der Hauptverhandlung. Ziel ist es, Widersprüche oder Lücken in der Aussage offenzulegen, etwa durch Fragen wie:

  • „Können Sie sich sicher an das Ereignis erinnern, oder könnte es auch anders gewesen sein?“

  • „Hat jemand Ihnen gesagt, dass es so gewesen sein könnte?“ Solche Fragen lenken die Aufmerksamkeit des Gerichts auf die Unsicherheiten der Zeugenaussage.

8. Aufzeigen alternativer Erklärungen

Ein erfahrener Strafverteidiger entwickelt stets alternative Hypothesen, die den Tatvorwurf infrage stellen. So kann etwa argumentiert werden, dass sich ein Zeuge irrt oder durch spätere Gespräche oder Medienberichte beeinflusst wurde. Dies ist besonders relevant, wenn es keine weiteren Beweismittel gibt, die die Aussage stützen.

9. Einbeziehung von Rechtsprechung

Es gibt zahlreiche Urteile, die die Bedeutung der Zuverlässigkeit von Zeugenaussagen thematisieren. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) mehrfach klargestellt, dass Richter Aussagen besonders kritisch würdigen müssen, wenn die Möglichkeit von Suggestion oder äußeren Einflüssen besteht. Als Strafverteidiger nutze ich diese Rechtsprechung, um die Verteidigungsstrategie zu stützen.

10. Sensibilisierung des Gerichts

Ein guter Verteidiger sorgt dafür, dass das Gericht sich der psychologischen Fallstricke bewusst wird. Dies gelingt etwa durch gezielte Hinweise darauf, wie Erinnerung funktioniert und wie anfällig sie für Manipulation ist. Hierbei werden häufig wissenschaftliche Erkenntnisse zitiert, um die eigene Argumentation zu untermauern.

11. Fazit: Kompetente Verteidigung als Schlüssel

Falsche Erinnerungen von Zeugen können erhebliche Konsequenzen für die Verteidigung eines Mandanten haben. Als erfahrener Strafverteidiger ist es meine Aufgabe, solche Erinnerungsverzerrungen aufzudecken und die Schwächen der Zeugenaussage konsequent herauszuarbeiten. Durch gezielte Analyse, den Einsatz von Experten und eine überzeugende Argumentation gelingt es häufig, Zweifel an der Belastbarkeit einer Zeugenaussage zu säen und so den Mandanten erfolgreich zu verteidigen.

Nur eine Kombination aus juristischer Präzision und psychologischem Verständnis stellt sicher, dass der Rechtsstaat funktioniert – und Mandanten effektiv geschützt werden.

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